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Kronen Zeitung

vor 6 Stunden
SK BMD Vorwärts SteyrOberösterreich

INKLUSIONS-EM IN STEYR

„Vielfalt ist auch in der Gesellschaft wichtig“

Daniel Lemberger

Ab Montag geht in Steyr eine besondere Fußball-EM in Kooperation von pro mente OÖ und SK Vorwärts über die Bühne, spielen 18 Teams aus ganz Europa um den Titel. Die Spieler sind dabei alles Menschen mit psychosozialem Unterstützungsbedarf. Die „Krone“ sprach zuvor mit Markus Hofer, dem Trainer der Steyrer Mannschaft.


„Krone“: Herr Hofer, am Montag beginnt in Steyr die EM für Menschen mit psychosozialem Unterstützungsbedarf. Was bedeutet das genau?
Markus Hofer: Zu uns kommen Menschen Fußballspielen, die Unterstützungsbedarf haben. Sei es, dass sie psychisch erkrankt sind oder eine Episode in ihrem Leben gehabt haben, wo sie davon betroffen waren. Aber auch Suchterkrankte kommen zu uns, oder Menschen, die unter nicht so glücklichen Bedingungen aufgewachsen sind, ihre Emotionen nicht immer unter Kontrolle haben und somit auch nicht bei anderen Vereinen Fuß fassen könne. Für diese Menschen haben wir uns gedacht, dass es Sinn macht Fußball zu spielen. Weil jeder Mensch das Recht an Teilnahme an der Gesellschaft und an Sport und Bewegung hat.

Was bewirkt der Sport bei solchen Erkrankungen?
Bewegung, Sport und Ernährung sind gut für die Psyche. Das machen wir auch zum Thema. Es gibt aber auch die soziale Komponente. Man gehört wo dazu und teilt Emotionen.

Wie stolz sind Sie, dass man ein so großes Turnier nach Steyr holen konnte?
Ich bin sehr stolz, ich freue mich sehr. Auch, weil man damit das Thema enttabuisiert und es öffentlicher wird. Nur weil man psychisch krank ist, ist man kein schlechterer Mensch.

Bild: Wenzel Markus

Wie wichtig ist dabei die Zusammenarbeit mit Vorwärts Steyr?
Wir haben schon lange eine Kooperation und bewegen uns auf Augenhöhe. Wenn man einen so großen Traditionsverein im Hintergrund hat und man Teil dieses Vereins ist, ist es viel leichter so etwas zu realisieren und zu planen. Wenn man keinen Verein hat, ist man ja gleich Bittsteller, um überhaupt den Rasen betreten zu dürfen.

Welche Herausforderungen gibt es bei so einem Turnier?
Dass alle zu einem Zeitpunkt da sind, damit auch alles wie geplant stattfinden kann. Die Isländer kommen aufgrund einer Flugverschiebung genau da an, wo sie eigentlich schon spielen sollten. Aber es ist ja auch schön, dass 185 aktive Sportler aus verschiedenen Ländern da sind. Das ist ein Traum und ein Herzenswunsch von mir.

"Wir haben auch Spieler, die im Training sensationell kicken, wenn viele Leute da sind, bekommen sie aber Stress."Markus Hoferfan.at quote icon

Und welche Herausforderungen gibt es, wenn so viele Menschen mit psychischen Erkrankungen mehrere Tage zusammen sind? Beziehungsweise gibt es die überhaupt?
Es gibt sie schon. Wir haben auch Spieler, die im Training sensationell kicken, wenn viele Leute da sind, bekommen sie aber Stress. Aber dafür sind auch Betreuer da, jeder kennt seine Gruppe und kann das gut einschätzen. Es kommen ja Profis zusammen.

Worauf müssen Sie in Ihrem Team besonders achten?
Die manchmal fehlende Fehlerkultur und die draus entstehende Aggression ist bei uns ein großes Thema. Unsere Spieler haben dabei aber auch schon große Fortschritte gemacht.

Wie gehen Sie damit um?
Man muss als Person sehr präsent sein, man muss den Menschen aber auch auf Augenhöhe begegnen. Zudem muss man sich im Fußball auskennen, damit sie einen ernst nehmen.

Bild: Sabrina Waldbauer

Was begeistert Sie in der Zusammenarbeit mit Menschen mit solchen Problemen?
Begeisterung ist das richtige Wort. Ich liebe meinen Beruf, es ist einfach die Vielfalt der Menschen. Anderssein gehört dazu und die Vielfalt ist nicht nur am Fußballplatz, sondern auch in der Gesellschaft sehr wichtig.

Gibt es Erlebnisse, die Sie in dieser Zusammenarbeit besonders geprägt haben?
Die sportlichen Erfolge waren alle schön. Aber auch die Momente, wenn einer zu mir kommt, wenn es ihm nicht gut geht und wir es schaffen, dass wir ihn wieder stabilisieren. Das sind ja auch kleine Siege. Es ist berührend, wenn sie einem ihr Leid anvertrauen. Das ist so die ganz persönliche Intimsphäre.

"In jeder krisenhaften Situation gibt es Einengungen und es ist wichtig, das anzusprechen."Markus Hoferfan.at quote icon

Speziell in Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen spielt auch das Thema Suizid eine Rolle. Wie gehen Sie damit um?
Wir sind darin geschult, man muss auch dieses Thema enttabuisieren. Aber nicht nur bei psychischen Erkrankungen, sondern in jeder krisenhaften Situation gibt es Einengungen und es ist wichtig, das anzusprechen.

Apropos Tabuisierung. Psychische Erkrankungen sind noch immer Stigmata ausgesetzt und es fehlt oft die Anerkennung in der Gesellschaft. Wo muss hier angesetzt werden?
Jeder Bürger hat hier eine Verantwortung. 25 Prozent sind in der EU zeitweise davon betroffen. Das sind richtig viel Leute. Es würde ja auch keiner sagen, dass er sich dafür schämt, den Fuß gebrochen zu haben.

Helfen solche Turniere wie in Steyr beim Durchbrechen von Stigmata?
Ja, das merkt man alleine daran, dass wir miteinander reden und das Thema in der Öffentlichkeit behandelt wird. Man macht es dadurch größer.

Was würden Sie sich im Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen erhoffen, was wäre sogar der Idealfall?
Der Idealfall wäre, dass es so normal ist, dass man nicht darüber nachdenken und reden muss. Das ist zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit der Vorwärts so. Wir haben einen integrativen Beschäftigungsplatz und es ist ganz normal, dass sie da sind, es ist kein Thema, dass sie von der pro mente sind. 


Mehr zu diesem Beitrag gibt es auch auf krone.at

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